Uzi Baram: Unser Verhältnis zu den israelischen Arabern

Die Knessetabgeordnete Anastassia Michaeli hat alle überrascht, als sie letzte Woche dem Knessetabgeordneten Ghaleb Majadele Wasser ins Gesicht schüttete. Nicht einmal von ihr hatte man so etwas erwartet.

Majadele saß da, sein Gesicht nass, künstlich lächelnd vor Verlegenheit. Michaeli wollte so die Aufmerksamkeit auf die, wie sie es nennt, „Hetze“ des Arabers lenken, doch vor allem zog sie die Aufmerksamkeit auf den arabischen Knessetabgeordneten der Arbeitspartei Majadele. Vielleicht erfährt Michaeli aus gewissen Kreisen der Araber-Hasser und Provokateure Unterstützung. Jedoch waren die Assoziationen, die die israelische und auch jüdische Öffentlichkeit zu dem Vorfall hatte, ganz andere.

Ghaleb Majadele hat im Staat Israel nicht weniger Rechte als Michaeli und ihre Freunde. Er lebt in Baqa al-Gharbiyye, so wie es seine Familie seit Generationen tut. Zwar ist er nicht wie Michaeli zum Judentum konvertiert, doch er ist ein engagierter Bürger. Seit vielen Jahren ist er in Sportverbänden und politischen Organisationen aktiv. Er hat sich nicht einer der arabischen Parteien angeschlossen, sondern sich für die Mitgliedschaft in einer israelisch-zionistischen Partei entschieden.

Die meisten israelischen Araber werden wohl nicht so bald zu Anhängern der zionistischen Bewegung werden. Sie leben in Israel, weil sie das Recht dazu haben, und dieses Recht leitet sich daraus ab, dass ihre Familien seit Generationen im Land leben. Die Tatsache, dass sie keine Juden sind, hat keinen Einfluss auf ihren Status als Bürger des Staates Israel.

In Israel gibt es eine jüdische Mehrheit, die den Charakter des Staates bestimmt. Dies ist das Recht eines unabhängigen demokratischen Staates. Doch das Glas Wasser, das Michaeli Majadele ins Gesicht geschüttet hat, lässt  den Gedanken aufkommen, es gäbe im Staat Israel solche, die „gleicher als gleich“ sind. Vielleicht hören jetzt auch einige genauer hin und verstehen die Botschaft, die Michaeli herüberbringen wollte.

Jeder Abgeordnete der Knesset ist genauso viel wert wie der andere – jede jüdische Arroganz gegenüber arabischen Parlamentsmitgliedern ist nichts als Rassismus, dessen Ursprung weder in der jüdischen Tradition noch sonst im Judentum begründet liegt.

Es stimmt, die Koexistenz von Juden und Arabern in diesem Land ist keine einfache Angelegenheit,  umso mehr, da Israel in einem ständigen Konflikt mit den Palästinensern liegt und die arabischen Israelis sich voll und ganz als palästinensische Araber verstehen.

Die Bürger des Staates Israel wollen terroristische Verbrechen extremistischer Elemente unter den israelischen Arabern verhindern. Doch wir haben es in der Hand, ob wir die israelischen Araber als Brücke zur Verbesserung der Beziehungen mit der arabischen Welt nutzen möchten, oder als gewaltige Tretmine, die wir nicht entschärfen können, besonders nicht als kleines Land inmitten eines arabischen Nahen Ostens.

Ich habe arabische Freunde in Um al-Fahm, Nazareth, Tira, Taibe und anderen Dörfern. Es besteht dort ein großer Wunsch, in Anerkennung der Unterschiede, die durch die Situation im Nahen Osten nun einmal bestehen, miteinander in Frieden zu leben. Der Versuch, ihnen Angst zu machen, ist nicht nur unberechtigt, er ist auch nicht effektiv.

Die Tat von Anastassia Michaeli ereignete sich in einer Zeit, in der Stimmen laut werden, die den arabischen Israelis das Recht auf kostenlose Kinderbetreuung ab drei Jahren absprechen wollen, mit dem Argument, sie seien nicht bei der Armee gewesen. Deshalb ist es gerade jetzt es wichtig, die Augen aufzumachen und zu erkennen, wohin eine solche Hetze führen kann, die auf Arroganz und Selbstüberschätzung beruht.

Die Knessetabgeordnete Michaeli wollte, so scheint es mir, einem arabischen Knessetabgeordneten drohen. Doch die daraus resultierende Botschaft an die Öffentlichkeit ist eine andere: Dass auch der Andere und von uns Verschiedene Respekt und Gleichberechtigung verdient hat in unserem jüdischen Staat. Somit erinnert sie an den biblischen Bileam – sie wollte verfluchen und brachte Segen.

Der Autor ist ehemaliges Knessetmitglied für die Arbeitspartei und ehemaliger Innen- und Tourismusminister.

Israel Ha-Yom, 17.01.12

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