Bericht: Besuch bei der Luftwaffe

Nicht nur am 75. Gründungstag Israels fliegen deutsche und israelische Kampfpiloten Seite an Seite
Für seinen Job muss er normalerweise extrem kontrolliert und besonnen sein. Doch wenn
Eurofighter-Pilot Markus H. über den 26. April 2023 spricht, kann er Gefühle kaum verbergen. Zum
75. Gründungstag Israels überflog er für die deutsche Luftwaffe erstmals zusammen mit
israelischen F-16 Kampfjägern Jerusalem und Tel Aviv. Ein Zeichen der Verbundenheit, das man
getrost historisch nennen kann.
„Das war schon ein sehr emotionaler Tag. Für beide Seiten glaube ich. Ich war der
Gesamtformationsführer, was auch nicht selbstverständlich ist, dass man in Israel als deutscher Jet-
Pilot die Formation über dem Gastland fliegen darf. Mir wurde an diesem Tag gesagt, dass mir der
israelische Luftraum „gehört“, beschreibt der Kampfjet-Pilot und frischgebackene Vater.
Zu dem besonderen Anlass wurde sein Eurofighter extra mit einer Spezialfolie versehen: auf einem
Flügel die deutsche, auf dem anderem die israelische Flagge mit Davidstern. Eine Spezialanfertigung
der Bundeswehr in 14 tägiger Tag- und Nachtarbeit von den Experten des Taktischen
Luftwaffengeschwaders 73 „Steinhoff“ selbst beklebt.
Kampfpilot Markus H. ist vier Monate nach dem Erlebnis über Israel beim Besuch einer Delegation
der deutsch-israelischen Gesellschaft beim Luftwaffengeschwader in Rostock Laage der Stolz und die
Ehre immer noch anzumerken. „Ich werde den Flug nie vergessen“, sagt er. „Man hat gemerkt,
welche Bedeutung dieser Tag für die israelische Bevölkerung hatte und vor allem, welche
Bedeutung es hatte, dass wir da waren.“
Die Zusammenarbeit der deutschen und israelischen Luftwaffe ist allerdings kein Novum. Und sie
geht weit über politische und historische Verbindungen hinaus. Sie ist nicht nur Symbol der
Verbundenheit und des gemeinsamen Strebens nach Sicherheit und Frieden, sondern gelebte
Partnerschaft, um voneinander zu lernen und zu kooperieren. In Flugübungen wie Blue Flag, Blue
Wings und Blue Guardian trainieren Piloten beider Nationen Seite an Seite.
Die Blue Flag-Übung ist eine der größten multinationalen Luftkampfübungen weltweit. Sie findet alle
zwei Jahre auf dem israelischen Luftwaffenstützpunkt Ovda in der südlichen Negev-Wüste nahe Eilat
statt und steht Kampfgeschwadern mehrerer Länder offen. Es wird über Israel geflogen, weil dort die
Luft besonders klar und die Wetterbedingungen immer gut sind.
Die deutsche Luftwaffe beteiligt sich seit 2017 an dieser Übung, die eine einzigartige Gelegenheit
bietet, die Fähigkeiten der Piloten in einem realistischen Szenario zu testen. Die Zusammenarbeit
zwischen den deutschen und israelischen Piloten ist dabei von großer Bedeutung. „Man kann sehr
viel voneinander lernen“, erklärt Oberstleutnant Björn Klarl, Referent für internationale
Zusammenarbeit beim Kommando Luftwaffe. „Das Nicht-Nato-Land Israel und Deutschland haben
militärisch eine ganz andere Führungsorganisation. Bei dieser Partnerschaft muss man erstmal
lernen wie Prozesse beim jeweiligen Partner gestaltet sind. Dadurch lernt man sehr schnell sehr viel
über die andere Luftwaffe.“

Ende Oktober ist es dann wieder soweit: Bei Blue Flag 2023 werden wieder Verbände aus
Deutschland, Großbritannien, Italien, Frankreich, den USA und dem Gastland Israel vom
Luftwaffenstützpunkt Ovda aus starten. „Hier kommen viele unterschiedliche Waffensysteme,
Techniken, Strategien und Menschen zusammen. Es wird geübt, dies alles kennenzulernen, zu
koordinieren, vertraut zu werden und sich zu vertrauen“, schildert Oberst Gerd Schnell, der
Kommodore des taktischen Luftwaffengeschwaders 73 „Steinhoff“ in Rostock Laage. Auch aufgrund
der jeweils anderen geopolitischen und militärischen Herausforderungen ist die Arbeits- und
Denkweise der Kampfpiloten der verschiedenen Nationen sehr unterschiedlich, bestätigen die
Piloten und Fluglehrer, die die Besuchergruppe der deutsch-israelischen Gesellschaft in Rostock
Laage offen Rede und Antwort stehen.
Blue Wings war mehr als eine Übung, es war ein historischer Moment, bei der deutsche und
israelische Kampfpiloten erstmalig Seite an Seite über Deutschland flogen. Hier konzentrierte sich
die Ausbildung auf junge Piloten. Die israelischen besuchten Deutschland, trainierten ihre Flug-
Fähigkeiten in einer internationalen Umgebung. Und beide Seiten stärkten die Beziehungen
zwischen den beiden Nationen auch durch die persönlichen Begegnungen.
Unter dem Namen Blue Wings gab es 2020 auch den historischen Vorbeiflug deutscher und
israelischer Kampfjets über dem ehemaligen KZ Dachau. 2021 ein gemeinsamer Flug über die Knesset
in Tel Aviv. Und im selben Jahr ein Gegenbesuch von israelischen Offizieren in Deutschland. Es sind
mit der Zeit viele persönliche Kontakte entstanden.
Außerdem hat die Bundeswehr seit 2022 deutsche Soldaten“ zu Ausbildungszwecken in Israel
stationiert. Diese Einheit nennen die Israelis freundschaftlich die „Red Baron Squadron“. Hier geht es
um das Drohnenflug-Training an der Heron TP. Die German Heron Turboprop ist ein
bewaffnungsfähiges Aufklärungssystem der israelischen Firma IAI, Israel Aerospace Industries. Sie
dient der Unterstützung von Soldatinnen und Soldaten eigener und befreundeter Kräfte am Boden.
Das ferngeführte Luftfahrzeug kann beispielsweise Konvois begleiten, um Gefahren frühzeitig zu
erkennen und so die Bodentruppen in Echtzeit warnen und schützen zu können. Die Drohne erhielt
im vergangenen Jahr die deutsche Musterzulassung. 2021 hat sich die Bundeswehr erstmals an
einem internationalen Drohnenflug-Training in Israel unter dem Namen Blue Guardian beteiligt.
So fügt sich auch der deutsche Ankauf des israelisch-amerikanischen Raketenabwehrsystems „Arrow
3“ in die enge Kooperation der beiden Länder. Die israelische Sicherheitstechnologie wird in der
Zukunft Deutschland vor Raketenangriffen schützen können. „Arrow 3“ ist nicht nur und sein
Verkauf an Deutschland Israels größtes Rüstungsgeschäft jemals, sondern auch ein markantes
Zeichen unserer besonderen deutsch- israelischen Beziehungen, wie es kürzlich
Bundesverteidigungsminister Pistorius nannte.
Info-Kasten:
Das Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“ in Rostock Laage ist eines der sechs
Luftwaffengeschwader der Bundeswehr. Vier davon beheimaten den Eurofighter, zwei den Tornado.
Hauptaufgabe des Stützpunkts ist die Ausbildung aller Eurofighter-Piloten der Bundeswehr und des
österreichischen Bundesheeres. In der Regel sind in Rostock Laage 35 Eurofighter stationiert. Pro Jahr
werden hier rund 4000 Flugstunden geflogen. Geführt wird das Luftwaffengeschwader 73 seit Anfang
des Jahres von Oberst Gerd Schnell. Insgesamt hat die deutsche Luftwaffe 28.000 Dienstposten,
davon 4000 Zivilisten.

Christine Kolmar

Share this post