Grundsatzvortrag des neuen DIG-Präsidenten Reinhold Robbe zu den Aufgaben der DIG im Jahr 2011

Vortrag bei der DIG Berlin und Potsdam in Potsdam am 6. Januar 2011

  • An der Schwelle zum neuen Jahr bietet es sich an,  die aktuelle Situation nüchtern zu betrachten und gleichzeitig zu überlegen, was in den kommenden 12 Monaten getan werden kann.
  • Ich wurde vor drei Monaten zum neuen Präsidenten der DIG gewählt – die älteste und größte Freundschaftsgesellschaft in Deutschland mit etwa 4.700 Mitgliedern in rund 50 Arbeitsgemeinschaften. Ich bedanke mich auch bei den Freundinnen und Freunden der AG Berlin-Potsdam für das Vertrauen und werde alles tun, um die DIG Berlin-Potsdam zu unterstützen.
  • Wenn wir uns die Welt betrachten, dann ist die Lage komplizierter und unübersichtlicher geworden als wir uns alle das wünschen.
  • Neben dem internationalen Terror, organisierter Kriminalität und Piraterie gibt es etliche Krisenherde, die auch 2011 auf der Agenda bleiben werden (Afghanistan/Pakistan, Irak, Sudan, Tschad, Kongo, Äthiopien, Somalia, Senegal, Mali, Niger, Nigeria, Haiti, Mexiko, Jemen, Nordkorea, Iran und natürlich auch der Nahost-Konflikt). Die Zahl der Konflikte wächst!
  • Machen wir uns nichts vor: die Staaten mit einer stabilen Demokratie und garantierten Grundrechten sind in der Minderheit.
  • National – also aus deutscher Sicht – spielt sicherheitspolitisch betrachtet der Afghanistan-Konflikt die herausragende Rolle (5000 Soldatinnen und Soldaten).
  • Aber auch der Nahe Osten ist von prioritärer Bedeutung durch den UNIFIL-Einsatz vor der Küste des Libanon, der zunächst bis Ende Juni weiterläuft.
  • Aber der Nahe Osten ist natürlich nicht nur wegen des Bundeswehr-Engagements von herausragender Bedeutung, sondern wegen unserer besonderen Beziehungen zu Israel!

Was sind die Realitäten in den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel?

o      Der Staat Israel ist 1947 auf Grund eines Beschlusses der Vereinten Nationen entstanden, und zwar als jüdischer Staat. Das wird von der überwältigenden Mehrheit der Völkergemeinschaft bewusst bejaht, nicht nur stillschweigend akzeptiert.

o      Für die islamische Welt ist der Staat Israel ein Faktum, auch wenn dies nicht überall offen zugegeben wird. Ägypten und Jordanien haben längst Friedensverträge abgeschlossen.

o      Ein kleiner Teil der islamischen Welt stellt dieses Existenzrecht offen in Frage. Er will Israel „von der Landkarte tilgen“, will den Judenstaat vernichten. Das ist und bleibt ein brutaler Angriff auf das Völkerrecht und ein Appell an die Gewalt. Terroristische Gewalt ist für die radikalen Islamisten von Hisbollah und Hamas bereits eine widerliche Selbstverständlichkeit.

o      Unterfüttert wird diese Drohung durch den Weg Teherans zur Atommacht. Aller Druck hat den Iran bislang von diesem mörderischen Kurs nicht abbringen können.

o      Andere Realitäten kommen hinzu:

§      Zivilisierte Völker fühlen sich der historischen Wahrheit verpflichtet. Der Holocaust ist eine derartige historische Wahrheit. Und dennoch wird sie im Iran und darüber hinaus immer wieder bezweifelt. Das ist eine beispiellose Verhöhnung der Opfer. Deshalb gehört die Leugnung des Holocaust international geächtet. Als DIG muss es in diesem Jahr unsere Aufgabe sein, die schweren Menschenrechtsverstöße im Iran (Beschaffung der Atombombe, inhaftierte Bildreporter, Aussetzung der Meinungs- und Pressefreiheit, Steinigung von Ehebrechern etc.) anzuprangern und die politisch Verantwortlichen bei uns aufzufordern, diese Verstöße wirksam zu ächten sowie den Iran international zu isolieren.

§      Israel ist ein Rechtsstaat, ist eine lebendige Demokratie. In Demokratien werden Fehler begangen, gibt es Schwächen. Das gilt für Deutschland ja auch. Entscheidend ist, daß solche Fehler offen angesprochen und sanktioniert werden. Und deshalb hat die „Solidarität aller Demokraten“ zu gelten.

§      Zivilisierte Völker stehen zu ihrer geschichtlichen Verantwortung, für die es keine Verjährungsfristen gibt. Dazu haben wir uns immer wieder bekannt.

§      Was gibt es angesichts dieser Realitäten eigentlich zu diskutieren? Auf welcher Seite wollen wir stehen? Wenn wir zu Israel stehen, stehen wir zu uns selbst. Tun wir das nicht, üben wir Verrat an unseren eigenen Grundwerten. Und unsere Beziehungen werden immer „besondere“ bleiben.

§      Die Schlussfolgerungen hieraus liegen auf der Hand:

  • Deutschland wird auch in Zukunft entschlossener als andere für das Existenzrecht und die friedliche Zukunft des Staates Israel eintreten müssen.
  • Deutschland wir den Ausbau dieser Beziehungen auf allen Ebenen festigen müssen.
  • Deutschland wird sich aktiv und rückhaltlos für Stabilität und Frieden im Nahen Osten einsetzen müssen.
  • Bei der Umsetzung ist Geduld, Nüchternheit und allseitiges Fingerspitzengefühl gefragt. Ob wir nun über die UNO, über die EU oder bilateral handeln: Handeln müssen wir! Dabei sollten wir in den Grundfragen klar sein. Nur das wird anerkannt, nur so können wir vermitteln und auch notwendige Kompromisse mit voranbringen.

Für uns als DIG ergibt sich aus dieser Analyse die spannende Frage: Was können wir, was kann unsere DIG tun?

Auch wenn wir unsere Möglichkeiten nicht überschätzen dürfen, können wir eine Menge tun.

Die DIG ist entstanden aus der Mitte des Deutschen Bundestages. Und obwohl die demokratischen Fraktionen im Präsidium traditionell vertreten sind, ist es in jüngster Vergangenheit immer wieder zu Situationen gekommen, die für das besondere Verhältnis zwischen Israel und Deutschland nicht gut waren (Beispiel: Gaza-Entschließung Anfang Juli 2010).

Ebenso hat es Irritationen und Auseinandersetzungen zwischen Teilen der AG und des Präsidiums gegeben, die ihren Niederschlag auf unserer Hauptversammlung gefunden haben.

Daraus ergeben sich einige Notwendigkeiten für uns:

1.    Der Kontakt zwischen Bundestag und Bundesregierung auf der einen Seite und DIG auf der anderen Seite muß wesentlich verbessert werden (Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe, Ausschüsse, Minister, BKA, Bundeswehr) Negativ-Beispiel: Nichtbeteiligung der DIG an der Israel-Konferenz im Wirtschaftsministerium!

2. Die Verbindungen zu den großen gesellschaftlichen Organisationen und Institutionen (Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Wissenschaftseinrichtungen) müssen intensiviert werden. (Kaum jemand weiß bei uns im Lande, daß Deutschland der zweitwichtigste Wirtschaftspartner ist!). Mein Vorschlag: Wirtschaftskonferenz

3.    Die Kontakte mit allen Gruppen, Organisationen und Vereinigungen, die sich im weitesten Sinne um Israel kümmern, müssen verbessert werden.

4.    Weiterhin steht für die DIG der ständige Kampf gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit auf der Agenda. Auch zu diesem Thema ist eine engere und bessere Verzahnung beispielsweise mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), dem Zentralrat der Juden und den vielen Organisationen nicht nur hilfreich, sondern absolut notwendig (Man muß das Rad nicht unbedingt jedes Mal neu erfinden!)!

5.    Wir müssen als DIG an bestimmten Stellen reformieren (bessere Kommunikation zwischen Präsidium und AGs, Jugendarbeit, Außendarstellung: Website, DIG-Magazin).

6.    Wir werden unsere Satzung den Notwendigkeiten einer modernen Struktur anpassen (Strukturkommission).

7.    Wir werden die Mitgliederwerbung intensivieren und Sponsoren zu gewinnen versuchen.

Sie sehen: Es gibt eine Fülle an Aufgaben, die auf uns warten. Das kann gelingen, wenn wir uns gegenseitig motivieren, stärken, und solidarisch stützen.

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