Bericht: Warum die Hamas vollständig besiegt werden muss

Am 28.11 referierte Dr. Richard Herzinger im Anschluss an unsere Mitgliederversammlung „Warum die Hamas vollständig besiegt werden muss“. Seinen Vortrag hat er in einem Essay zusammengefasst, welches zuerst in der Jüdischen Allgemeinen veröffentlicht wurde:

 

Nach einem kurzen Moment des Entsetzens über die Bestialität des Hamas-Massakers vom 7. Oktober hat sich das Gros der Weltöffentlichkeit in Windeseile gegen Israel gewendet, kaum dass der jüdische Staat begonnen hatte, von seinem völkerrechtlich verbrieften Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch zu machen.

Dabei werden in der internationalen, namentlich auch der deutschen Medienlandschaft, horrende Opferzahlen aus der Propagandaküche der Hamas übernommen oder diese doch zumindest wie eine seriöse Quelle zitiert. In hiesigen TV-Nachrichten sind immer wieder dramatische Bilder von verletzten und verzweifelten Zivilisten zu sehen, die offensichtlich von der Hamas inszeniert wurden. Als Opfer präsentiert werden dabei mit Vorliebe Kinder, um so die antisemitische Hassparole vom »Kindermörder Israel« zu befeuern.

Zweifellos hat die Zivilbevölkerung Gazas tatsächlich immens unter den Kriegshandlungen zu leiden. Doch gibt es keinen objektiven Beleg dafür, dass sich die israelischen Streitkräfte nicht an die Vorgaben des humanitären Völkerrechts halten würden. Vielmehr sehen wir, wie kürzlich der Völkerrechtler Matthias Herdegen festgestellt hat, »ein deutliches Bemühen auf israelischer Seite, die Zivilbevölkerung im Sinne des Völkerrechts zu schonen«. Dagegen gründet die gesamte Strategie der Hamas darauf, »sich auf dem Rücken der Bevölkerung hinter ziviler Deckung zu verschanzen und mit den so provozierten Opfern eine mediale Kampagne zu führen«. Herdegens Fazit: »Die klaren Rechtsverstöße liegen allesamt auf der Seite der Hamas.«

Austausch der israelischen Geiseln gegen »palästinensische Gefangene«

Doch in der hiesigen Öffentlichkeit macht sich ein neutralistischer Ton breit, in dem möglichst lange Feuerpausen ersehnt werden und der Eindruck erweckt wird, es handele sich bei dem Austausch der israelischen Geiseln gegen »palästinensische Gefangene« um einen fairen Deal. In Wahrheit findet hier die Freipressung von Straftätern unter der Drohung statt, andernfalls unschuldige Menschen zu ermorden.

Dabei ist es gewiss von unschätzbarem Wert, wenn im Zuge von kurzen Feuerpausen Geiseln freikommen. Sollte dies – nicht zuletzt auf Druck westlicher Verbündeter Israels – jedoch in einen permanenten Waffenstillstand übergehen, könnte sich die im Norden Gazas bereits fast völlig besiegte Hamas wieder regenerieren.

Nur ein vollständiger militärischer Sieg Israels aber kann nicht nur ihm selbst verlässliche Sicherheit vor neuen Terrorüberfällen bringen, sondern auch die extrem angespannte Lage im gesamten Nahen Osten entschärfen. Die weit verbreitete Angst, ein zu rigides Vorgehen Israels könnte einen »Flächenbrand« in der Region auslösen, macht deutlich, dass die Eskalationslogik totalitärer Mächte hierzulande noch immer nicht verstanden wird.

Kräfte wie die Islamische Republik Iran, der Spiritus rector des Hamas-Terrorismus, und ihre Hilfstruppen in der Region verstehen ausschließlich die Sprache der Gewalt.

Kräfte wie die Islamische Republik Iran, der Spiritus rector des Hamas-Terrorismus, und ihre Hilfstruppen in der Region verstehen ausschließlich die Sprache der Gewalt. Beweist Israel seine Fähigkeit, die Hamas zu zerstören, werden sie selbst vor einer offenen kriegerischen Konfrontation mit ihm zurückschrecken. Zeigt es dagegen Schwäche, werden sie sich ermutigt fühlen, ihre Angriffe gegen den jüdischen Staat zu forcieren. Der Hamas-Terrorüberfall diente nicht zuletzt dem Zweck, auszutesten, wie stark und konsequent Israel sowie der Westen insgesamt zu reagieren fähig und bereit sind.

Wenn jetzt vielfach Israels Vorgehen gegen die Hamas mit Putins genozidalem Krieg gegen die Ukraine auf eine Stufe gestellt wird, ist die infame Täter-Opfer-Umkehr komplett. In Wahrheit sind sowohl Israel als auch die Ukraine der exterminatorischen Gewalt einer antiwestlichen Kriegsachse ausgesetzt, die an verschiedenen globalen Schauplätzen das Feuer auf die demokratische Zivilisation eröffnet hat. Der Terrorkrieg der Hamas und der russische Vernichtungskrieg gegen die Ukraine müssen daher im engen Zusammenhang gesehen werden.

Nicht von ungefähr erinnert das Vorgehen der palästinensischen Mordkommandos, ihr wahlloses Töten, Misshandeln und Verschleppen wehrloser Menschen jeden Alters, auf grauenvolle Weise an die Gemetzel, die von den russischen Invasionstruppen in der Ukraine, an Orten wie Butscha und Irpin, verübt wurden. Und auch in dem massiven Raketenterror der Hamas gegen die israelische Zivilbevölkerung erkennt man wieder, was die Ukrainerinnen und Ukrainer fortgesetzt fast täglich – und gegenwärtig wieder verstärkt – zu erleiden haben.

Moskau und Teheran bilden eine symbiotische politische, militärische und finanzielle Allianz

Moskau und Teheran bilden eine symbiotische politische, militärische und finanzielle Allianz. Durch seine Drohnen- und Raketenlieferungen trägt Iran wesentlich dazu bei, dass Russland seinen Terror gegen die ukrainische Zivilbevölkerung fortsetzen kann. Umgekehrt kann sich das iranische Regime der Rückendeckung Moskaus bei der Realisierung seiner eigenen kriegerischen Ambitionen sicher sein.

Folgerichtig lässt Putin jetzt die Maske seiner vermeintlichen Israelfreundlichkeit fallen – von der sich namentlich große Teile der israelischen Rechten, allen voran Benjamin Netanjahu, allzu lange haben täuschen lassen. Jetzt zeigt Putin sein wahres Gesicht – etwa, wenn er die Abriegelung Gazas mit der Blockade Leningrads im Zweiten Weltkrieg und damit implizit Israels Verteidigungskrieg gegen die terroristische Hamas mit dem NS-Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion gleichsetzt. Indem er zudem die »Ausrottung der Zivilbevölkerung in Palästina, im Gazastreifen« durch Israel anprangert, treibt er seinen Zynismus auf die Spitze – ist es doch genau das, was er selbst in der Ukraine praktiziert, wie er es zuvor in Syrien praktiziert hat.

Doch ähnlich, wie es lange Zeit gegenüber Russland der Fall war, wurde das wahre Aggressionspotenzial der Islamischen Republik Iran im Westen systematisch unterschätzt, wenn nicht chronisch schöngeredet. Der Mythos von den »Gemäßigten« im Machtapparat der islamistischen Diktatur, die es gegen die »Hardliner« zu stützen gelte, war das Leitmotiv des Wunschdenkens, der Iran werde sich ungeachtet seiner apokalyptisch-extremistischen Ideologie und seines eliminatorischen Antisemitismus über kurz oder lang doch noch zu einem verlässlichen Stabilitätsfaktor im Nahen Osten wandeln. Wie man die imperialen Weltneuordnungspläne der Moskauer Machthaber lange Zeit als propagandistisch überzogene Rhetorik abgetan hat, weigerte man sich, die Vernichtungsankündigungen des Teheraner Regimes beim Wort zu nehmen.

Zuletzt erzeugten die »Abraham-Abkommen« des jüdischen Staats mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und dem Sudan bei den westlichen Regierungen, partiell aber auch in Israel selbst eine trügerische Euphorie. Die Aussicht auf einen nahenden Friedensschluss auch mit den Saudis ließ die Erwartung aufkommen, die arabischen Staaten könnten über die Köpfe der dysfunktionalen palästinensischen Führung in Ramallah hinweg den Nahost-Konflikt endlich einer Lösung zuführen.

Iran wird niemals einen Frieden mit Israel akzeptieren.

Dass es parallel dazu auch zu einer Annäherung zwischen den Erzrivalen Saudi-Arabien und dem Iran kam, nährte die Illusion, die Zeichen in der Region stünden auf Frieden – obwohl diese Annäherung von China vermittelt wurde und somit auch als ein demonstratives Statement gegen den Westen hätte verstanden werden müssen. Dem iranischen Regime bot all das einen idealen Deckmantel, unter dem es die nächste Gewaltexplosion in der Region vorbereiten konnte, durch die alle Hoffnungen auf eine israelisch-arabische Aussöhnung zunichtegemacht werden sollte.

Iran wird niemals einen Frieden mit Israel akzeptieren. Und dies nicht nur, weil das Streben nach der Ausradierung des jüdischen Staats den innersten Identitätskern des Teheraner Regimes ausmacht. Sondern auch, weil dieses wie sein Hauptalliierter Russland die historische Stunde für gekommen sieht, die von westlichen Werten geprägte Weltordnung im Ganzen auszulöschen.

Wie Russland kann der Iran nur militärisch eingedämmt werden

Wie Russland kann der Iran nur militärisch eingedämmt werden. Dazu muss ihm an einem entscheidenden Punkt eine exemplarische Niederlage beigebracht werden. So wie ein Sieg der Ukraine die imperialen Ambitionen von Putins Russland ins Wanken bringen würde, so wäre die Zerschlagung der Hamas durch Israel ein empfindlicher Rückschlag für die Hegemonialpläne des Iran.

Nach dem vollständigen Sieg Israels über die Hamas könnten nach einer Art Schamfrist für die arabischen Mächte die Karten für eine Friedensarchitektur in der Region neu gemischt werden. Saudi-Arabien ist in keiner Weise an einer Konfrontation mit Israel interessiert. Insgeheim wären die Saudis Israel sogar dankbar, würde es ihnen die Hamas ein für alle Mal vom Hals schaffen und ihrem Erzrivalen Iran damit einen schweren Dämpfer versetzen. Ähnliches gilt für das Regime in Ägypten, das die Muslimbrüder – deren palästinensischer Ableger die Hamas ist – als ihren Hauptfeind ansieht.

Übersteht dagegen die Hamas den aktuellen Konflikt, dürfte ein großer Krieg im Nahen Osten über kurz oder lang unausweichlich sein. Die Dimension dieser Gefahr wird klar, wenn man bedenkt, dass Iran bald Atommacht sein könnte. Dazu kommt, dass im Hintergrund China auf eine günstige globalpolitische Konstellation lauert, um sich das demokratische Taiwan militärisch einzuverleiben. Sollte sich Israel genötigt sehen, den Feldzug gegen die Hamas vorzeitig abzubrechen, wäre das für Chinas Machthaber ein weiterer Beleg für die zunehmende Schwäche des Westens und damit ein Ansporn, seine Aggression gegen Taiwan voranzutreiben.

Davon, dass Israel seinen Feldzug erfolgreich beenden kann, hängt somit nicht nur die Stabilität in der Region ab, sondern letztlich auch die der (noch) bestehenden globalen Ordnung.

Richard Herzinger arbeitet als Publizist in Berlin. Seine Website »hold these truths« finden Sie hier.

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