Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen:

Englischsprachiges israelisches Fernsehen: Interview zu den Regierungsberatungen mit Gil Yaron auf You Tube.

Deutsch-israelisches Verhältnis – Israels Kabinett zu Gast bei Freunden

Benjamin Netanjahu und seine Minister besuchen die Bundesregierung. Aller Gemeinsamkeiten zum Trotz bringen sie auch einige ungeliebte Forderungen mit.

© Foto: Axel Schmidt/ddp

Guter Stimmung: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin
In guter Stimmung: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin

Der Protest der Kameramänner und Fotografen nutzte wenig. Als Angela Merkel am Montagmorgen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu empfing, nahm sie ihren Amtskollegen ganz vertraut am Arm und führte ihn an den Ehrenposten der Bundeswehr vorbei in das Kanzleramt hinein. Die beiden Regierungschefs wollten ihre Konsultationen hinter verschlossenen Türen beginnen und ließen den Journalisten kaum Zeit für rasche Aufnahmen.

Kurz zuvor hatte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg seinen israelischen Amtskollegen Ehud Barak ebenfalls im Kanzleramt empfangen und über den roten Teppich geführt. Beide standen dann im Foyer von Merkels Dienstsitz, scherzten und lachten gemeinsam mit der Kanzlerin und warteten auf Netanjahu. Auch als am Mittag das sogenannte Familienfoto der beiden Kabinette gemacht wurde, war die Stimmung ausgezeichnet.


Deutschland und Israel wollen ihre Beziehungen ausbauen

Bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen haben beide Länder in vielen Punkten Einigkeit gezeigt.

Zum ersten Mal tagten die israelische und die deutsche Regierung gemeinsam in Berlin. Sicherheits- und Außenpolitik bestimmten die Tagesordnung bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen. Beide Kabinette wollten über den zum Erliegen gekommenen Friedensprozess in Nahost, einen Stopp des israelischen Siedlungsbaus in den Palästinensergebieten und das iranische Atomprogramm diskutieren.

Benjamin Netanjahu sprach hinterher von einem sehr produktiven und freundschaftlichen Treffen. Auch Merkel war zufrieden mit den Gesprächen zwischen beiden Kabinetten. Vor allem in den Bereichen Umweltschutz, Bewässerung und Entwicklungshilfe seien Kooperationen vereinbart worden.

Gemeinsam besuchten die Minister das Holocaust-Denkmal in Berlin. „Es ist ein Glück, darf ich heute für meine Generation sagen, dass wir so eng mit einer israelischen Regierung kooperieren können“, sagte Merkel. Und Netanjahu ergänzte, dass es 65 Jahre nach dem Holocaust eine tiefe Freundschaft zwischen beiden Ländern gebe.

Im März 2008 hatten Angela Merkel und sieben deutsche Minister Jerusalem besucht und eine gemeinsame Kabinettsrunde veranstaltet. Damals vereinbarten die Regierungen, sich nun jährlich mit allen Ministern zu treffen. 22 Monate später und nach Regierungswechseln in Berlin und Israel war es nun so weit. Netanjahu kam mit sieben Ministern nach Deutschland, darunter auch Außenminister Avigdor Lieberman.

Mit den Nachbarn aus Frankreich und Polen pflegt Deutschland bereits eine solch enge Zusammenarbeit, ebenso mit Russland. Mit Israel sind die gemeinsamen Kabinetts-Beratungen eine Neuerung, die belegt, wie eng das deutsch-israelische Verhältnis heute ist. Deutschlands uneingeschränkte Solidarität gegenüber Israel stellt eine wesentliche Konstante in der Außenpolitik dar und hat die Bundesregierung neben den USA zum wichtigsten Bündnispartner Israels gemacht.

In Fragen der Sicherheitspolitik herrscht Übereinstimmung zwischen den Regierungen. Merkel und Westerwelle betonen stets, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. So bekräftigte die Bundeskanzlerin, dass eine Bedrohung vom iranischen Nuklearprogramm ausgehe. Iran seien zahlreiche Angebote gemacht worden, Verhandlungen liefen noch. „Sollte das nicht möglich sein, wird Deutschland sich an Sanktionen beteiligen“, sagte Merkel. Leider sei der Iran bis heute nicht auf die Angebote der UN eingegangen. Auch Netanjahu sagte, dass in Iran ein schreckliches Regime herrsche. „Das ist ein Regime, das keine Atomwaffen haben darf“, sagte der Premier. Er forderte sofortige Sanktionen.

Trotz der betonten Freundschaft werden Merkel und Westerwelle ihre Gäste bei einem Wunsch vertrösten. Netanjahu und Barak sollen erneut gebeten haben, beim Werftenverbund ThyssenKrupp zwei Kriegsschiffe mit deutscher Unterstützung bestellen zu können. Die Korvetten sollen mit den neuesten Radaranlagen und Flugabwehrraketen ausgestatten werden, um Mittelstreckenraketen aus dem Iran abzuwehren.  Da israelische Kriegsschiffe aber im Gaza-Krieg im vergangenen Jahr Ziele im Hamas-Gebiet beschossen, reagiert die Bundesregierung bisher zögerlich auf die Bitte.

Unterschiedliche Ansichten gibt es auch zum Siedlungsbau im Westjordanland. Zwar kritisiert die Bundesregierung die israelische Politik selten öffentlich, hinter verschlossenen Türen wollen die deutschen Kabinettsmitglieder aber ihr Unbehagen über den fortschreitenden Siedlungsbau äußern. Außenminister Westerwelle hatte bereits im November bei seinem Besuch in Israel einen Baustopp und die Einhaltung internationaler Verträge durch Israel gefordert.

Da Netanjahu Ende November einen vorläufigen Baustopp für die Siedlungen in den umstrittenen Gebieten verkündete, werden Merkel und ihre Minister vermutlich keine harten Forderungen an die Gäste formuliert haben – wenngleich der Baustopp nur für Gebäude in den bereits bestehenden Siedlungen gilt und begonnene Bauten fortgesetzt werden dürfen. Schulen, Synagogen und Kindergärten sind von dem Verbot sowieso ausgenommen. Die orthodoxen Siedler geben allerdings sowieso wenig auf Anordnungen der Regierung. Sie sehen ihre Tätigkeit in den Palästinensergebieten als religiöse Pflicht. Die israelische Friedens- und Menschenrechtsorganisation Peace Now berichtete Ende 2009, dass Siedler noch schnell vor dem Erlass Netanjahus 800 Fundamente gegossen haben, um diese Häuser nun in diesem Jahr fertig zu bauen.

In Israel gibt es aber auch Kritik an der deutschen Außenpolitik. Die guten Außenhandelsbeziehungen zwischen Iran und Deutschland werden in Jerusalem sehr kritisch gesehen. Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner des Iran. Israelische Abgeordnete kritisierten im November in einer Umfrage des Nachrichtenmagazins Spiegel, dass die Bundesregierung zu wenig tue, um das iranische Atomprogramm zu stoppen.

Trotz der Kritik ist das deutsch-israelische Verhältnis gut – nicht nur auf Regierungsebene. Vor allem viele junge Israelis schätzen Deutschland. Angela Merkel gilt als populärster europäischer Regierungschef in Israel. Eine Meinungsumfrage der Hebräischen Universität Jerusalem ergab, dass 52 Prozent der jüdischen Israelis die Rolle Deutschlands im Nahen Osten positiv sehen.

Wie gut das Verhältnis ist, zeigt auch, dass Israels Präsident in wenigen Tagen nach Berlin kommen wird. Schimon Peres will vom 25. bis zum 28. Januar in Berlin die deutschen Spitzenpolitiker treffen und eine Rede vor dem Bundestag halten.

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