Eldad Beck: Was über die Beziehungen Deutschland – Israel gesagt werden muss

Eldad Beck (links) und Jochen Feilcke (rechts) bei der Diskussionsveranstaltung „Was über die Beziehungen Deutschland – Israel gesagt werden muss“ (© Andrew Walde)

Endlich Tacheles reden – das war das erklärte Ziel der Veranstaltung, zu der die DIG Berlin den langjährigen Nahost- und Europakorrespondenten Eldad Beck eingeladen hatte. Eldad Beck, der in Haifa geboren wurde und an der Sorbonne in Paris Arabistik und Islamwissenschaften studiert hat, war von 2002 bis 2016  Deutschland- und Europakorrespondent der israelischen Tageszeitung Yedioth Ahronot, ab 2016 Europakorrespondent der Tageszeitung Israel Hayom. Er hat bis jetzt drei Bücher veröffentlicht: „Jenseits der Grenze: Reisen in verbotenen Ländern“, „Germany, at odds“ sowie die erste hebräischsprachige Biografie über Angela Merkel: „Die Kanzlerin – Merkel, Israel und die Juden“. Beck hat sich während seiner Reisen in musliminischen Ländern wie Iran, Syrien, Libanon, Afghanistan, Pakistan und Irak ein umfangreiches Wissen über die gesamte Region erworben, das auch für die Beurteilung der komplexen Lage im mittleren und Nahen Osten von unschätzbarem Wert ist. Auch das trägt zu der Souveränität und Weitsicht bei, mit der er gerade auch das deutsch-israelische Verhältnis beleuchtet.

Dieser realistische unverstellte Blick trägt ihm nicht nur Sympathien ein – im Gegenteil. Sein 2014 veröffentlichtes Buch über seine persönlichen Erfahrungen in Deutschland konnte nur auf Hebräisch und Englisch erscheinen, da sich kein Verleger gefunden hat, der es veröffentlichen wollte. Zuvor war er von deutschen Behörden boykottiert worden – niemand wollte mehr mit ihm reden. Das wirkte sich auch auf sein zweites Buch aus, das sich mit Deutschland befasst, nämlich die Biographie über die Bundeskanzlerin. Seine Anfrage bezüglich einer gemeinsamen Veranstaltung mit der deutschen Botschaft in Tel Aviv wurde mit der Bemerkung „Wir machen keine PR für Politiker“ verweigert, das Goetheinstitut als direkte Einrichtung des Bundes schloss sich dieser Auffassung an und selbst die Konrad Adenauer Stiftung in Jerusalem war nicht bereit, eine entsprechende Veranstaltung auszurichten. Dabei sei er, so Eldad Beck, durchaus ein Anhänger der Kanzlerin und habe daraus auch in der Biographie keinen Hehl gemacht.

Sein Fazit: Deutschland kritisiert zwar gerne andere, Kritik selbst erträgt man jedoch kaum. Eines der Phänomene, mit denen sich Beck in Deutschland immer wieder konfrontiert sieht ist, dass der israelisch-arabische Konflikt als das Hauptproblem im Nahen Osten angesehen wird. Dabei sei er das gerade nicht, er sei lediglich einer der vielen Konflikte, die in der Region ausgetragen würden und nicht der Wesentliche. Der arabische Frühling und die ISIS Barbarei zeigten dies unter anderem deutlich.

Positiv auf die deutsch-israelischen Beziehungen wirke sich aus, dass die Innovationskraft Israels in Deutschland endlich wahrgenommen würde und es daher eine verstärkte Zusammenarbeit gebe, die mehr Menschen die Gelegenheit gibt, Israel kennenzulernen. Israel, oder vielmehr die Förderung der deutsch-israelischen Beziehungen, sei viel zu lange ein „Eliteprojekt“ weniger Engagierter gewesen. Dazu kommt, dass antisemitischer Antiisraelismus in der DDR Staatsdoktrin gewesen sei. Besonders unangenehm fiele auf, dass regelmäßig Vergleiche zwischen dem Naziregime und dem israelischen Staat gezogen würden, und dass dies auch in Deutschland ein gängiges Phänomen sei. Selbst eine staatlich finanzierte Einrichtung wie das Jüdische Museum in Berlin, das im übrigen alles andere als ein jüdisches Museum sei, beteilige sich an der Unterstützung von BDS-Aktivitäten, die diesen Vergleich gerne nutzen und deren Ziel der Boykott und die Vernichtung Israels sei. Dabei seien viele Deutsche von der Schaffenskraft Israels beeindruckt – sie lernen davon und profitieren von der Zusammenarbeit.

Allerdings waren die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen am 4. Oktober 2018 von der BDS-Thematik überschattet. Israels Premierminister Netanjahu verlangte sehr deutlich die Einstellung finanzieller Unterstützung für Institutionen, die das Existenzrecht Israels bekämpfen. Dazu zählen auch die Jerusalemausstellung im Jüdischen Museum Berlin und die Sektion der Berlinale, die ihrem Publikum entsprechend einseitige Filme präsentierte. Ein Widerspruch, wenn man sich an das eindeutige Bekenntnis von Angela Merkel erinnert: „Das Existenzrecht und die Souveränität des Staates Israels sind Teil der deutschen Staatsräson.“

© Jörg Gehrke

Wenn man der Definition der BDS-Bewegung durch die IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) folgt, ist sie antisemitisch und sie steht außerdem für die Vernichtung des Staates Israel. Ein Widerspruch, in dem auch der ehemalige Außenminister Gabriel bei seinem Besuch in Israel kein Problem erkannte, als er sich ausschließlich mit umstrittenen radikalen Organisationen traf. Auch die Vielzahl von UN-Resolutionen, die Deutschland mit getragen hat und die das Existenzrecht Israels in Frage stellen, ist mit der Aussage Angela Merkels nur schwerlich in Übereinklang zu bringen. So muss festgestellt werden, dass die Politik des Auswärtigen Amtes, die vom deutschen Diplomaten Christoph Heusgen in der UN vertreten wird, eine andere Zielrichtung verfolgt als sie die Bundeskanzlerin formuliert hat. Und in noch einem Punkt war Eldad Beck sehr klar, als er sagte: „Solange die UNRWA, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-„Flüchtlinge“ im Nahen Osten existiert, existiert der Traum von der Vernichtung Israels“.

Die deutsche Kritik an der Verlegung der US-Botschaft wies er zurück: Es können nicht sein, dass einem Land das Recht abgesprochen würde zu entscheiden, wo seine Hauptstadt liege. Nach dem Völkerrecht gehöre Jerusalem zum israelischen Staat. Dies wurde durch einen Juristen aus dem Publikum bestätigt, der sagte, wenn einem Agressor Land abgenommen würde könne das Land, das sich verteidgt habe, es behalten – dies sei im internationalen Völkerrecht geregelt und wurde ja auch nach dem Zweiten Weltkrieg entsprechend gehandhabt. Insofern sei es falsch von Israel als Besatzungsmacht zu sprechen, denn es habe einen legitimen Anspruch auf die vermeintlich „besetzten“ Gebiete – zumal es einen Staat Palästina nie gegeben habe, dieser also auch nicht besetzt sein könne. Ferne stellte Eldad Beck fest, wenn Israel sich für eine rechte Regierung entscheide, dann sei dies zu akzeptieren. Um es kurz zusammenzufassen: „So agieren Freunde nicht.“ Deutschland sollte Israel akzeptieren so wie es ist und nicht von einem Land träumen, das nicht existiert.

Die an das Impulsreferat anschließende Debatte war intensiv und lebhaft und ließ das große Interesse der Teilnehmer an dem Thema erkennen, das in Deutschland oft sehr einseitig geführt wird. Als Ausblick gab Eldad Beck den Zuhörern seine Vision der Zukunft mit: „Ich glaube nicht, dass die Zwei-Staaten-Lösung noch relevant ist.“ Eine weitere Abgabe von Gebieten an die Palästinenser werde keinen Frieden bringen, das habe die Vergangenheit gezeigt. Vielmehr müsse ein modus vivendi im gemeinsamen Leben von Interessen gefunden werden.

Sorge bereitet indes die Politik Europas, die derzeit alle konstruktiven Ansätze vereitelt. Und auch das Aachener Abkommen, der gerade erst im Januar 2019 zwischen Frankreich und Deutschland geschlossene Vertrag zur Zusammenarbeit, müsse sehr kritisch beobachtet werden, denn die französische Politik gegenüber Israel sei mit dem Ausschluss von Waffenlieferungen an Israel noch deutliche restriktiver als die gegenwärtig in Deutschland betriebene.

Abschließend erklärte Eldad Beck, dass festgehalten werden müsse, dass die Palästinenser für ihre eigene Misere verantwortlich seien: „Solange das nicht gesehen wird, wird es keine Lösung geben.“

Dr. Nikoline Hansen

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