Das Israelbild in deutschen Schulbüchern – München

„Das Israelbild in deutschen Schulbüchern“ – Experten aus Bildungspolitik, Schulbuchforschung und Schulbuchverlagswesen diskutieren im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst

TAGUNGSBERICHT VON TOM BIERMANN

© Laurence Kilmer

Am 10. Januar 2017 tauschten sich Experten aus Bildungspolitik, Schule, Schulbuchforschung und Schulbuchverlagswesen über das „Israelbild in deutschen Schulbüchern“ aus.
Die Gesprächsrunde sowie der im Vorfeld durchgeführte Workshop fanden im Rahmen einer bundesweiten Veranstaltungsreihe, die vom Auswärtigen Amt gefördert wird, statt.
Im ersten Teil befasste sich das Fachpublikum in zwei parallelen Workshops mit konkreten Beispielen des Israelbildes in für Bayern zugelassenen Geschichtsschulbüchern. Geleitet wurden die Workshops von Jörg Rensmann (Vorstandsmitglied des MFFB), Daniela Arnold (Zentrum für Israel-Studien/ LMU), Werner Karg (Bayerische Landeszentrale) und Katharina Willimski (Bayerische Landeszentrale). Im Anschluss diskutierten Dr. Dirk Sadowski (Deutsch-Israelische Schulbuchkommission des Georg Eckert-Instituts), Burak Yilmaz (Leiter des Projekts Heroes Duisburg), Katharina Willimski (Bayerische Landeszentrale), Dr. Ilas Körner Wellershaus (Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes Bildungsmedien e.V.), Ministerialrat Peter Kammler (StMBW – Gymnasialabteilung) und Jörg Rensmann (Vorstandsmitglied Mideast Freedom Forum Berlin). Die Moderation übernahm Frau Maja Zehden (Präsidiumsmitglied Deutsch-Israelische Gesellschaft).

Die von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), dem Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB) und der deutschen Sektion der Scholars for Peace in the Middle East (SPME) organisierte Veranstaltung sollte den Blick auf das Israelbild, das in Schulbüchern gezeichnet wird, schärfen und für einen reflektierten Umgang mit der Darstellung Israels sensibilisieren.
Ministerialdirektor Herbert Püls betonte im Vorfeld: „2011 haben Israel und Bayern eine Bildungskooperation geschlossen, um das historische und politische Verständnis für das jeweils andere Land bei jungen Menschen zu fördern. Damit diese die komplexe Situation im Nahen Osten einordnen können, ist es von grundlegender Bedeutung, sie umsichtig und verantwortungsvoll an die Thematik heranzuführen. Insbesondere der Geschichtsunterricht an unseren Schulen leistet hierzu einen essentiellen Beitrag. Die Auseinandersetzung mit dem Israelbild in den Schulbüchern ist daher von wesentlicher Bedeutung für einen sachorientierten und aktuellen Unterricht.“

In dem Workshop wurden nach einer kurzen inhaltlichen Einführung in das Themenfeld durch Jörg Rensmann Schulbücher exemplarisch einer kritischen Analyse unterzogen. Die Teilnehmer formulierten hierzu zunächst ihr eigenes Israelbild in drei spontanen kurzen Stichworten. Anschließend folgte eine Diskussion von kontextbezogenen Begrifflichkeiten um dann in die Quellenarbeit anhand der Themen Terror/ Gegenterror, Zweite Intifada und Hamas einzusteigen. Die erarbeiteten Ergebnisse des Workshops lassen sich wie folgt festhalten:

1. Die verwendeten Begrifflichkeiten nicht zu kritisch beurteilen (z.B. Westjordanland, Westbank, Galilea, Autonomiegelände, …), sondern kommunikativ nutzbar zu machen und so auch unterschiedliche Perspektiven darzulegen. Zudem wird, durch die verwendete Terminologie, oft eine (unbewusste) Assoziation ausgelöst, die dann eine bestimmte Perspektive setzt. Diesen Umstand müssen sich die Schulbuchverlage bewusst machen.
2. Bei den verwendeten Quellen in Schulbüchern ist naturgemäß Reduktio und Kürzung notwendig. Dieser Prozess sollte jedoch nicht zu einer Parteilichkeit führen. Ein besonderes Maß an Sensibilisierung bei der didaktischen Reduktion ist hier geboten.
3. Ein gesichertes Wissen für die Lehrkräfte ist eine unabdingbare Voraussetzung. Die Lehrkräfte sollten zu den Schulbüchern weitere und andere Quellen etc. sinnvoll ergänzen.
4. Quellen sowie Quellenkritik und Auswahl aktueller Quellen stärken. Kein Rückzug auf reine Darstellungstexte.

Nach der Begrüßung durch Herbert Püls und den Grußworten von Yehoshua Chmiel (Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern) sowie Botschafter Dr. Felix Klein (Sonderbeauftragter für die Beziehungen zu jüdischen Organisationen und Antisemitismusfragen, Auswärtiges Amt), folgte die Diskussion der Teilnehmer:

Zum Auftakt informierte Herr Dr. Dirk Sadowski, unter Bezugnahme der aktuellen Studie des Georg-Eckert-Instituts über die Entwicklung und den gegenwärtigen Stand. Anschließend berichtete Burak Yilmaz über das Projekt Heroes, sowie über seine eigenen Erfahrungen. Das Projekt „Heroes“ identifiziert sich in zwei Schritten. Dies erfolgt unter der Begleitung von entsprechenden Gruppenleitern mit einer internationalen Familiengeschichte. Im ersten Zuge werden sodann Gruppen für postmigrantische junge Männer aus sogenannten ehrenkulturellen Milieus, die über Themen wie Gleichberechtigung, Ehre und Menschenrechte diskutieren gebildet. Darauf folgend gehen die so ausgebildeten Jungen (Heroes), unter dem Leitgedanken der peer education in Schulen, Jugendbildungsstätten und Jugendtreffs in sozialen Brennpunktvierteln und bieten dort den entwickelten rollenbasierten Workshop an. Weiterhin referierte Frau Katharina Willimski über die Zielsetzung der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. So will man für die Lehrkräfte in Bayern dazu beitragen, dass sie ein klares, auf Sachinformation und Reflexionen gegründetes Bild von Israel erlangen. Hierzu wird jährlich eine Vielzahl von verschiedenen Settings angeboten und organisiert. Zusammengefasst sollen Akteure im bayerischen Bildungswesen die Chance haben, den vielen Vorurteilen, Vorprägungen und Allgemeinplätzen, die im Kontext „Naher Osten und Israel“ in den Medien und der Öffentlichkeit gang und gäbe sind, einen eigenen, auf Erfahrungswissen und Anschauung basierten Eindruck entgegensetzen zu können.

Im daran anschließenden Teil erläuterte Herr Dr. Ilas Körner-Wellershaus die Produktionsabläufe bei der Erstellung von Schulbüchern und das konkrete Verfahren im Falle von Defiziten oder inhaltlichen Mängeln. Daran knüpfte Ministerialrat Peter Kammler aus Perspektive des Ministeriums an und gab einen Einblick in die Verknüpfung von Rahmenlehrplänen und Schulbuchartikeln bzw. die Erstellung von Qualitätskriterien in diesem Zusammenhang. Darüber hinaus schilderte er die Kontrollinstanzen, die ein entsprechender Schulbuchartikel im ministeriellen Prüfungsprozess durchlaufen muss.
Abschließend nahm noch Jörg Rensmann die Gefahren und Probleme, die ganz generell, bei Darstellungen Israels in den Schulbüchern aufkommen, in den Blick und plädierte dafür, Israel nicht nur auf den Nahost-Konflikt zu reduzieren.

Die Veranstaltung bot zum einen eine gelungene Plattform für den fachlichen Austausch vor allem zwischen den Lehrkräften, sie war aber auch eine Fortbildung, die den Blick für didaktische und methodische Herausforderungen schärfte, mit denen das Unterrichten der Thematik‚ Israel und der Nahe Osten‘ verbunden ist.

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